Achtung! Innovation können nur junge Menschen
Also so langsam mache ich mir schon meine Gedanken. Ok, ich habe die 40 knapp überschritten (seit 13 Jahren), aber zur Zeit trifft es mich mit aller Härte. Mal davon abgesehen, das viele Idole meiner Jugend (David Bowie, Maurice White, Götz George, Muhammed Ali, Bud Spencer, …) gerade von uns gehen, so nehme ich zur Zeit auch einige andere komischen Dinge wahr.
Da schreibt Christoph Athanas in seinem Blog metaHR „Thomas ist vermutlich mit Abstand der Senior unter den hier aufgelisteten HR-Bloggern“, die Betonung liegt auf „mit Abstand“ – danke Christoph ;-). Kürzlich hatte ich dann bei der HR Innovation Roadshow ein nettes Erlebnis. Ich bin bei dieser Roadshow mit unserem StartUp, der SiiWii unterwegs. Während der Schlange beim Kaffee spricht mich eine Teilnehmerin an, warum ich hier bin – natürlich als Vertreter eines Start-ups, der SiiWii. Cool war dann die spontane Reaktion: „Oh, den habe ich mir aber jünger vorgestellt“ – Treffer! Na gut, ich gebe zu, dass ich den Altersdurchschnitt bei den einzelnen Pitches massiv nach oben erhöht habe, aber was soll’s? Interessant ist auch, dass sich die meisten der StartUp’s untereinander duzen, die meisten machen das auch bei mir, ein paar können sich dann aber doch nicht dazu überwinden und siezen mich.
Gehen wir mal weg vom HR-Business hin zum wahren Leben. Wo ich wirklich erstaunt war, war die Aussage einiger Kollegen beim Thema Brexit: Ein Blick auf die Altersverteilung in den beiden Lagern zeigt, dass besonders viele junge Leute für den Verbleib gestimmt haben – besonders viele Alte für den Austritt. Deshalb ist nun die Rede davon, dass die Alten die Jungen um ihre Zukunft betrogen haben. Da wurde sogar ausgerechnet, wieviele Jahre die Alten mit der Entscheidung leben müssen und wieviel Jahre die Jungen. Das war für mich eine Arroganz vom Feinsten, wie kann jemand darüber urteilen, ob jetzt Ältere so eine Wahl beeinflussen dürfen oder nicht.
Schauen wir uns den Arbeitsmarkt an. Da gibt es viele neue Tools auch für das Recruiting, die suchen meistens junge Nachwuchskräfte oder Hochschulabgänger. Dagegen gibt es aber zum Glück auch eine eigene Jobbörse für den Älteren „Business4Experts – Erfahrung trifft Wirtschaft“ – Gott sei Dank. Gleichzeitig bieten schon die ersten Berater Seminare an, wie man ältere Mitarbeiter im Unternehmen führen muss – aha.
Um es gleich zu sagen, ich habe mit diesen ganzen Anmerkungen oder Erlebnissen kein Problem, ich bin auch nicht in der Midlife Krise – und wer mich kennt, weiß, dass das wirklich so ist. Ich gebe meine Artikel immer vorher anderen zum Lesen und bekam diesmal den Kommentar: „Wenn du kein Problem damit hättest, würdest du nicht darüber schreiben“ – ich tue es trotzdem, obwohl oder weil ich kein Problem damit habe. Denn irgendwie scheint es schon klare „Vorurteile“ oder Schubladen zu geben und genau damit habe ich ein Problem! Kann es sein, dass künftig nur Junge entscheiden bzw. wählen dürfen, weil es bei den paar übrig bleibenden Jahren den Alten sowieso egal sein kann? Und dürfen Innovationen nur Junge machen? Ich erinnere mich dabei immer wieder gerne an den Spruch eines etwa gleich altrigen Kollegen: „Mir wollte mal eine 20-jährge des Internet erklären – der habe ich gesagt: Ich hab’s erfunden“.
Wenn ich es mir so richtig überlege – ich darf noch mindestens 15 Jahre arbeiten (ja, ich darf – mir macht die Arbeit immer noch Spass) und ich habe in den letzten 30 Jahren vielen Firmen und StartUps kommen und gehen und viele Nachwuchskräfte aufsteigen und tief fallen sehen. Das ist der Lauf der Dinge. Ich werde nicht aufhören, auch Social Media zu nutzen, mir das neuste iPhone zu kaufen, neue Gadgets als einer der ersten zu haben oder auch neue Ideen zu generieren und umzusetzen. Auch wenn es mancher vielleicht nicht verstehen kann …
Prima auf den Punkt gebracht, Thomas. Es ist halt ein weit verbreitetes Vorurteil, dass „Silberhaarige“ keine Ahnung von IT und Internet haben. Als ich mir einst ein neues Smartphone im Shop aussuchte, bemerkte der jugendliche Verkäufer: Wenn Sie mit der Bedienung des Smartphones nicht klar kommen, fragen Sie einfach Ihren Enkel – der kann das. Als Retourkutsche stelle ich ihm einige technische Fragen zu Android – da war er sichtlich überfordert.
LG Gerhard