HR Tech – Messe? Festival? Beides?
Endlich – die Restriktionen der Pandemie werden weniger und wir hoffen alle, so langsam wieder zu einem normalen Umgang miteinander zurück zu kehren. Eine Branche, die es mit am schlimmsten getroffen hat, ist die Veranstaltungsbranche mit ihren Events und Messen. Doch manche Veranstalter haben sich nicht nur ihrem Schicksal ergeben, sondern machten sich auch Gedanken über neue Formate, die das Messegeschäft hoffentlich wieder ankurbeln. Allen voran hat Alexander R. Petsch, bekannt mit dem Fachportal für Human Resources Professionals HRM.de und Messen und Veranstaltungen wie der L&DPro, TalentPro oder der Learning Innovation, um nur einige Formate zu nennen.
Nun startet am 17. und 18. Mai 2022 bei der Wassermannhalle in Köln zum ersten Mal unter seiner Regie die HR Tech Software & Innovation – Expofestival mit einem Konzept, das wirklich außergewöhnlich und sehr interessant klingt – sowohl thematisch als auch von der Organisation, denn die Messe findet im Freien statt. Ich hatte die Möglichkeit, Alexander ein paar Fragen zu diesem neuen Format zu stellen:
Thomas:
Alexander,
wir beide kennen uns nun schon seit vielen Jahren in der HR-Branche, vor allem in Zusammenhang mit den Messen. Ich habe mal bei mir nachgeforscht, ich war am 3./4. Mai 2000 zum ersten Mal auf der Personalmesse 2000, damals noch mit der frisch gegründeten pob Heidelberg AG als Pionier des HR Outsourcings. Seit dieser Zeit hat sich doch einiges verändert und wer mich kennt, der weiss auch, dass ich nicht immer ein Fan der großen Personalmessen war. Jetzt hast du es aber geschafft, mich mit der HR Tech, Software & Innovation am 17./18. Mai 2022 wieder als Aussteller auf eine Messe zu bringen. Was meinst du, warum?
Alexander:
Lieber Thomas, ich schätze Dich als kreativen und kritischen Geist. Eigentlich müsstest Du mir doch erzählen, welche Knöpfe wir richtig gedrückt haben, um Dich für die HRTech – Expofestival für HR Software & Innovation, zu begeistern? Aber ich vermute mal die Konzentration genau auf Innovationen und Automation von HR Prozessen ist das, was Dich reizt, weil es im Personalwesen sicher noch einiges zu verbessern gibt. Und vielleicht, dass die HR Tech nicht so als “dröge Messe in einer dunklen Messehalle” daherkommt, sondern als Expofestival für die HR Besucher, weitgehend outdoor, Streetfood, Top Speaker, lockere Atmosphäre…. – liege ich da richtig?
Thomas:
Volltreffer!
Ihr richtet die Messe klar auf Fachbesucher aus, die sich sogar qualifizieren müssen. Senkt das nicht die – für viele in deiner Branche so wichtigen – Besucherzahlen?
Alexander:
Besucherzahlen ohne die richtige Zielgruppe, sind uns weitgehend egal. Die Richtigen Menschen zusammen ins Gespräch zu bringen, die FachbesucherInnen zu begeistern und natürlich auch für die Aussteller einen messbaren Return ihrer Investition und ihres Engagements zu erzielen, sind unsere Ziele. Das muss sicher auch wachsen, aber die 1.000 richtigen Besucher, die sich für das Thema HR Innovation und HR Software interessieren und hier für die Entscheidungen verantwortlich sind, sind für uns wichtiger als 10.000 BesucherInnen, „wild jeden angesprochen“, den irgendwo vielleicht ein Führungsthema interessiert, selbst Trainer ist oder der/die sich gerne „persönlich weiterbilden möchte….“ Das ist alles legitim, aber eben nicht die Zielgruppe der HR Tech.
Thomas:
Anmerkung: 2. Volltreffer;-)
Welche Art von Ausstellern kann der Besucher bei euch erwarten – und welche nicht? Mit dem Titel grenzt ihr euch von Messen wie der Zukunft Personal, die als die berühmte „eierlegende Wollmilchsau“ unterwegs ist, eindeutig ab.
Alexander:
Na selbstverständlich wollen wir uns mit der HR Tech auch unterscheiden. Als wir beide uns vor über 20 Jahren auf der ersten Zukunft Personal – damals noch in Karlsruhe – das erste Mal getroffen haben, war HR an sich eine „Nische“. Wenn man sich anschaut, wie sich HR entwickelt hat, wie stark sich die einzelnen Themen spezialisiert haben, dann ist es aus unserer Sicht nur folgerichtig, mit der HR Tech einen Treffpunkt zu entwickeln, bei dem es darum geht, die HR Prozesse so effizient und so weit wie sinnvoll möglich zu automatisieren oder sogar mit den entsprechenden Schnittstellen ganz out zu sourcen. Damit sich HR auch einfach um die strategischen Themen kümmern kann und um die Themen, zu denen es HR Expertise und Menschen braucht.
Was kann die Fachbesucherin oder der Fachbesucher also erwarten? Innovative HR Software Lösungen für die unterschiedlichsten Aufgaben und Fragestellungen im HR oder auch Systeme, die viele Prozesse aus einer Hand abbilden oder auch Lösungsanbieter, die ganze Prozesse oder Aufgaben im Outsourcing anbieten.
Thomas:
Und wer ist euer idealer Besucher?
Alexander:
Die für den Einsatz von HR Systemen, die Struktur der HR Prozesse im Unternehmen verantwortlichen Personen. Das kann in vielen Organisationen auch die Kombination aus 2-3 Personen und deren Knowhow sein. Es kann aber auch die HR Einzelkämpferin in einem Startup sein oder der Gründer eines Startups, der gerne soviel wie möglich im HR automatisieren möchte, um sich auf das Recruitieren und die Führungsthemen zu konzentrieren.
Thomas:
Die Messe findet erstmals im Freien statt – kann das denn funktionieren? Wir leben hier in Deutschland ja nicht gerade in einer wettersicheren Region …
Alexander:
Natürlich, das kann nicht nur, das wird funktionieren. Jeder Aussteller steht in seinem eigenem Zelt, und bei wirklich schlechtem Wetter kann man natürlich hier die „Luken“ auch etwas dichter machen. Die Vorträge finden zur Hälfte in einer Halle und einem Zirkuszelt statt. Es muss sicher keiner im Regen stehen, denn wir haben auch 1.000 Regenschirme vorbereitet. Aber mal ehrlich: wir haben natürlich zwei Tage Sonnenschein bestellt. Aber wie es auch werden wird, es wird sicher ein rauschendes HR Tech Festival in entspannter Atmosphäre und man sollte eher in bequemen Schuhen kommen.
Thomas:
Im Gegensatz zu anderen Personalmessen gibt es die HR Tech nur real, also nicht gleichzeitig als online-Veranstaltung. Stattdessen findet in Oktober eine eigene Online-Version statt – warum diese Trennung?
Alexander:
Der Amerikaner sagt: „You kann only ride one horse at a time“, und so ist das auch bei Events, Du kannst entweder online dabei sein oder live vor Ort, aber nicht beides gleichzeitig. Natürlich gibt es hybride Lösungen, aber davon sind wir keine Fans. Wir glauben an gute digitale Lösungen und an tolle live Begegnungen, dann sollte man aber auch mit seiner Aufmerksamkeit live bei seinen Gesprächspartnern sein und nicht immer noch auf eine digitale Audienz schauen müssen. Wer die HR Tech erleben will, muss nun mal nach Köln kommen.
Sicher wäre es nicht schwer die Vorträge digital zu streamen, aber dann ist es kein digitales Expofestival, sondern ein Kongress-Stream. Einen digitalen Kongress zum Thema HR Tech machen wir dann in der 2. Jahreshälfte. Wir haben in den letzten 2 Jahren so viel digital ausprobiert, um die Vernetzung und Interaktion und Live-ähnliche Erlebnisse zu erzeugen. Leider oder zum Glück mit nicht ausreichendem Erfolg bei der Interaktion. Das „konsumieren digitaler Inhalte“, mal abgesehen von einer gewissen „Digitalmüdigkeit“, wird angenommen, aber Inspiration, Austausch, Expofestival Feeling, das entsteht eben nur live und eben am 17.-18. Mai vor Ort in Köln.
Thomas:
Zum Schluss zwei Fragen: Warum muss ein Besucher auf der Messe gewesen sein?
Alexander:
Um die digitale Revolution, in der wir uns im HR eben auch gerade befinden, nicht zu verpassen.
Thomas:
Und warum muss ich als Aussteller unbedingt hin?
Alexander:
Das solltest du nur, wenn Du echt was Cooles, Digitales und / oder Innovatives im HR Bereich kannst oder zeigen willst und dazu noch Bock hast, mit HR Entscheidern auch ins Gespräch zu kommen, sonst bleibe besser zu Hause. Und wir feiern eben um so mehr die innovativen Köpfe, die Bock haben und Sonnenhut, Sonnencreme dabei haben und zur Not auch die Gummistiefel aus dem Auto holen.
Thomas:
Die Planung für die Messe läuft schon seit zwei Jahren, immer wieder musste auf Grund der Pandemie verschoben werden. Du bist hier einen konsequenten Weg gegangen und willst unbedingt wieder eine Live-Veranstaltung ins Leben rufen. Ich wünsche uns, dass es nun endlich klappt und wir uns im Mai diesen Jahres in Köln wieder persönlich treffen!
Vielen Dank für das Interview!
PS: Natürlich findet ihr mich zusammen mit der BEGIS als Aussteller auf der HR Tech!
Alexander R. Petsch
beschäftigt sich seit den 90er Jahren mit dem Thema Veranstaltungen und Messe und hat wie kaum ein anderer die HR-Messelandschaft geprägt.
Mit Gründung der spring Messe im Jahr 1998 entwickelte er führende Fachmessen im HR Management, e-Learning und Training in Europa und hat die heute weltweite größte Fachmesse für HR, die „Zukunft Personal“ initiiert. Er ist Herausgeber des „personal-manager“, Initiator des Europäischen Bildungspreises „Leonardo-European Corporate Learning Award” mit Auszeichnungen u.a. an Jacques Delors, Jimmy Wales (Wikipedia), Hasso Plattner (Hasso-Plattner-Institut), Gebrüder Stoll (Festo Holding) u.a.. Schirmherr war Martin Schulz, Präsident des Europäischen Parlaments.
Seit 2012 hat er mit mit Gründung der børding Messe AG diese zu einem der größten, privaten Messeveranstalter in der Schweiz mit den Schwerpunkten Personal Management und Entwicklung, Arbeitssicherheit, Online Marketing, Workplace Strategies, e-Business, Dialog Marketing, IT, Versicherungswesen, Event Management und Office Management entwickelt.
Heute verantwortet er als CEO Chief Enabling Officer der HRM Institute GmbH & Co.KG Live-Veranstaltungen wie die TalentPro, L&Dpro, HR tech, STAFFINGpro, Salon RH, Arbeitssicherheit Schweiz. Online Konferenzen über Weiterbildung für HR Verantwortliche & Recruiter, Soziales und die Online Netzwerk HRM.de; HR-Jobs und weitere Jobboards.de, HRM Hacks Podcast.
Danke Dir Thomas für das Interview!
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