Babyboomer schuften, Generation Y chillt?
Generation Y und Babyboomer – die einen fürs Chillout, die anderen für die Arbeitszeitverlängerung?
Auf der diesjährigen Personaler-Messe in Hamburg hatte ich mal wieder mit der BEGIS einen eigenen Stand und man hat mir als Mitglied der Zukunftsinitiative Personal im Rahmen einer Podiumsdiskussion die Rolle des kritischen Kommentators von all zu viel Generation-Y-Glorifizierung zugeordnet.
Und ehrlich gesagt: Dieser Rolle entspreche ich gerne! Denn wenn Sie Artikel suchen, die darüber berichten, wie Generation Y die Welt rettet, werden Sie überall fündig, auch auf der Huffington Post. Und wenn Sie Artikel suchen, was man alles anders machen muss, damit man im Zeitalter von Generation-Y überlebt, dann auch. Oder wenn Sie wissen wollen, was alles getan werden muss, um einen Menschen dieser Generation zu beschäftigen, dann finden Sie genügend Tipps und Hinweise – angefangen vom Kindergarten bis hin zu Chill-Out-Zonen oder Unterkünfte für die Eltern. Aber wo bitte sehr, findet man den kritischen Kommentar auch zu möglichen Fehlentwicklungen? Schon die Frage, ob die Generationen-Differenzierung so sinnvoll ist, treibt mich, siehe auch hier. Nach der Diskussion auf der Messe treibt mich aber noch mehr die Frage, ob wir nicht bei der Ausdifferenzierung unserer Mitarbeiter in einen Irrweg laufen.
Denn neben den ganzen Feststellungen um die Generation Y und deren „Bauchgepinsel“ lese ich auf anderer Seite, dass die „Älteren“ nun immer mehr arbeiten müssen und wir Babyboomer uns nicht auf den hoffentlich wohlverdienten Ruhestand freuen dürfen, sondern bis 67 oder 70 arbeiten sollen. Gerade dazu passend habe ich heute in der Zeit gelesen, dass Daimler die älteren Mitarbeiter zurückholt.
Wenn wir uns das mal ganz polemisch anschauen, ist die Schlussfolgerung klar: Die Babybommer müssen länger schuften damit die Generation Y chillen kann.
Natürlich ist dies etwas sehr schwarz / weiss und wir wissen alle, dass die Wahrheit meistens in der Mitte liegt. Aber mit dieser ständigen Hochstilisierung der Generation Y und den hunderten Studien und Beratungsleistungen lösen wir auch nicht das Problem. Da wird nun ein Spalt zwischen die Generationen getrieben, der auf Dauer nicht gesund ist. Wir hören nur, es wächst eine komplett neue Generation auf – ich sage nein, man hat die anderen Generationen nur nie gefragt. Denn käme mal einer auf die Idee, die anderen (älteren) Generationen zu befragen – dann glaube ich, dass die Antworten gar nicht so unterschiedlich sind.
Hätte man mich vor 30 Jahren gefragt, als ich ins Berufsleben eingestiegen bin – ich habe mir auch wenig Arbeit, ein tolles Umfeld, viel Spass und genügend Geld gewünscht. Aber wie gesagt, damals hat mich niemand gefragt. Und womit wird dann diese neue Generation verglichen?
Natürlich muss man heute einiges anders machen als vor 30 Jahren – natürlich gab es vor 30 Jahren nicht die technischen Möglichkeiten wie heute – natürlich ist man heute mobiler, weltoffener als damals. Aber wenn sich wirklich alle Grundwerte ändern und niemand mehr bereit ist, Leistung zu bringen, auch mal abends bis 22.00 Uhr an einem spannenden Projekt zu arbeiten, dann weiss ich nicht, wo das Ganze endet. Denn wenn alle nur noch chillen – wer macht dann die Arbeit – oder gibt es die in der neuen Welt 4.0 auch nicht mehr?
Also – hört endlich auf, dieses Generationenthema so pauschal zu diskutieren. Es geht um das Individuum und nicht um Massenbewegungen. Und gebt den Babyboomern die Möglichkeit, auch etwas Freizeit zu bekommen und der Generation Y die Möglichkeit, mit Leidenschaft und Überzeugungskraft einen Job zu erledigen, der Sie fordert und fördert.
Sonst finden wir nicht mehr den Unterschied zwischen den griechischen Göttern Kronos (Zeit = Anzahl Stunden) und Kairos (Zeit = entscheidende Momente). Und da bin ich dann bei meinen Diskussionspartnern wie Franz Langecker oder Dr. Winfried Felser, solche Momente verpasst man eher, wenn man doppelt soviel arbeitet. Dann bleibt keine Zeit für Kairos! Oder wie meinte meine Mit-Diskutantin Raphaele Rose: Leistung ja, Erschöpfung nein. Oder umgekehrt: Spaß ja, aber Erfolg auch.
Aber das für alle, am besten gemeinsam.
Ein Kommentar zu meinem Beitrag auf der Huffington Post …
http://huff.to/1kZgUrb
Und noch ein weiterer
http://huff.to/1kZhxB5
Ich glaube, mit meiner Meinung stehe ich nicht ganz allein da – ein interessanter Artikel ist auch hier zu finden: http://www.zeit.de/2014/14/generation-y-babyboomer-arbeitswelt
Der Zeit Artikel hat mich nachdenklich gestimmt, also habe ich mich mal an meine ganz persönliche Kritik an meiner Generation gemach. Weiteres Lesen Sie hier:
http://aussycht.blogspot.de/2014/05/gen-y-in-der-kritik-jetzt-geht-es.html
Hallo Herr Nette,
Respekt!
Nicht nur, weil Sie auch eine andere Sicht zulassen, sondern auch, weil Sie dies öffentlich kund tun.
Ich glaube, wir treffen in unserer Diskussion so langsam den Kern. Nur wenn beide Generationen voneinander lernen, kann es funktionieren. Ich erlebe es selbst, dass ich manchmal von „früher“ oder „damals“ spreche und glaube, das ist der Stein des Weisen. Ich bin überzeugt, wenn wir die richtige Mischung aus Erfahrung, gesundem Menschenverstand und Offenheit für Neues und die Zukunft mischen, haben wir gemeinsam Erfolg!
Und genau diese offenen Diskussionen werden das erreichen!
Hallo Herr Nette, hallo Thomas, die Diskussion ist wirklich ein Gewinn!
Auch Henrik Zaborowski sieht in seinem Blog das Thema Gen Y etwas kritischer:
http://www.hzaborowski.de/2014/05/15/glueck-schlaegt-geld-oder-die-generation-y-auf-die-niemand-gewartet-hat/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=glueck-schlaegt-geld-oder-die-generation-y-auf-die-niemand-gewartet-hat
Das Thema ist immer noch aktuell http://www.faz.net/aktuell/beruf-chance/beruf/die-generation-y-tickt-gar-nicht-so-anders-15265180.html