HR Allgemein

Mittel gegen Führungsmiseren: interne Touchpoint Manager

“Mitarbeiter sind zweitrangig“, titelte „Die Zeit“ letzten Freitag. Auch um die Führungsqualität steht es insgesamt schlecht. Dies zeigt der „Leadership Communication Monitor 2014“ der Kommunikationsagentur Ketchum. An die Fähigkeiten ihrer Top-Manager glauben nur 22 Prozent der 6.500 weltweit Befragten – und nur 16 Prozent der 500 deutschen Studienteilnehmer. Im Vergleich zum Vorjahr sind diese Werte weiter gesunken.

Auch bei der Effektivität fand eine Erosion statt: Nachdem 2013 noch 29 Prozent der Deutschen der Meinung waren, Führungskräfte arbeiten effektiv, sind es heute gerade mal 19 Prozent. Besonders skeptisch sind die Deutschen, wenn es um die nahe Zukunft geht. Nur elf Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Führungsmannschaft ihre Unternehmen in den nächsten zwölf Monaten gut managen wird.

Ein schlechter Führungsstil hat aber nicht nur fatale Folgen für das Mitarbeiterengagement. Es ergeben sich auch unmittelbare Auswirkungen auf das Geschäft. So hat die Hälfte der von Ketchum in Deutschland Befragten schon mindestens einmal einen Anbieter wegen schlechter Unternehmensführung boykottiert oder weniger von dieser Firma gekauft. Und 40 Prozent haben gekauft, weil ihnen das Unternehmen positiv aufgefallen ist.

Ganz ohne Zweifel: Der Wettbewerb der Zukunft wird auf dem Marktplatz der Unternehmenskulturen geführt. Wie man sich auf diese Entwicklung ausrichten und aus der Führungsmisere befreien kann? Zwei Wege – am besten in Kombination – führen meiner Sicht nach zum Ziel.

Erstens: Weniger Management, mehr Führung

In den meisten Unternehmen wird viel zu viel Management betrieben – und zu wenig Menschenführung gelebt. Typische Manager sind Fachkräfte in Sachen Prozesse, Strukturen, Regeln, Administration und Bürokratie. Eine Industrialisierung der Führung ist heute in vielen Organisationen die Norm. Alles und Jedes wird durch Vorgaben geregelt und in Formblätter gepresst.

Selbst ureigenste Führungsaufgaben wie etwa Mitarbeiterjahresgespräche werden „gemanagt“, also per Checkliste nach starren Regeln geführt: Die gleichen 25 Fragen an sämtliche Beschäftigten – weltweit! Durch aufgeblähte Bürokratie sorgen viele Manager ja überhaupt erst für ihre Existenzberechtigung. Doch viel von dem muss jetzt weg. Denn auf der Reise in die Zukunft brauchen Unternehmen leichtes Gepäck.

Im Angesicht einer zunehmenden Vernetzung, der neuen Arbeitsmodelle und der zuströmenden Digital Natives haben die Unternehmen gar keine andere Wahl: Führungskräfte müssen ihren Fokus von Command & Control-Prozessen auf Führungsexzellenz und Menschenexpertise verlagern. Wer das nicht kann oder will, dem ist die Führungslizenz sofort zu entziehen.

Zweitens: Der interne Touchpoint Manager

Unsere schöne neue Arbeitswelt ist nicht nur komplexer, sie ist auch kollaborativer geworden. Das Gestalten einer dementsprechenden Unternehmenskultur spielt eine zunehmend wichtige Rolle. Zu diesem Zweck wurde ein neues Berufsbild geschaffen: der interne Touchpoint Manager.

Als Bindeglied zwischen Organisation, Mitarbeitern und Führungskreis ist der interne Touchpoint Manager für unternehmenskulturnahe Themen und das Wohlergehen der Menschen zuständig. Er sorgt sich um die körperliche, geistige und seelische Fitness der Mitarbeiterschaft, damit deren Performance auf Höchststand bleibt.

Diese Funktion hat sowohl strategische als auch operative Komponenten. Von daher ist sie viel mehr als nur ein bisschen Mitarbeiterstreicheln. In Zeiten von Talente-Knappheit und Social Media-Gerede kann sie über die Zukunft eines Unternehmens maßgeblich mitentscheiden.

Insofern benötigt ein interner Touchpoint Manager die absolute Rückendeckung der Geschäftsleitung, da sein Weg holprig ist und er sich nicht immer nur Freunde macht. Denn wer als atmosphärischer Interessenvertreter der Mitarbeiter unterwegs ist, deckt zwangsläufig auch Missstände auf.

Das Aufgabenfeld eines internen Touchpoint Managers

Ein interner Touchpoint Manager ist Advokat der Mitarbeiter und Brückenbauer zwischen Oben und Unten. Sein mögliches Aufgabenfeld:

  • Büroorganisation und Büroleben
  • Mitarbeiterevents und Sozialprojekte
  • Sportangebote und Gesundheitsprogramme
  • Initieren von Mitarbeiterbefragungen
  • Prävention von Mitarbeiterfluktuation
  • Involvement bei der Mitarbeiterauswahl
  • Onboarding- und Offboarding-Begleitung
  • Exit-Interviews und Ehemaligen-Betreuung
  • Betreuung von Arbeitgeberbewertungsportalen
  • Kummerkasten, gute Seele, Mediator
  • Innerbetriebliches Ideenmanagement
  • Moderation von internen Touchpoint-Projekten
  • Vernetzung aller über Abteilungsgrenzen hinweg

Der interne Touchpoint Manager ist Generalist. Er hat eine ausgereifte Persönlichkeit, die gleichzeitig verbindlich und feinfühlend, aber auch analytisch und strukturierend ist. Der jeweilige Stelleninhaber sollte interdisziplinär arbeiten können und sich sowohl in Führungs- also auch HR-Themen gut auskennen.

Er benötigt psychologische Kenntnisse und Coaching-Kompetenz. Er ist Moderator, Netzwerker, Kommunikator und Diplomat in einer Person. Er muss leidenschaftlich vom Nutzen seiner Funktion überzeugt sein, um überzeugen zu können. Mithilfe des internen Touchpoint Managements lässt sich diese Aufgabenstellung systematisieren und meistern.

Ganz neu: Ausbildung zum zertifizierten internen Touchpoint Manager

Die Ausbildung zum zertifizierten internen Touchpoint Manager richtet sich vor allem an ambitionierte Beschäftigte aus den Bereichen Mitarbeiterführung und Personalwesen, die im Kontext unserer neuen Arbeitswelt und mithilfe dieser Zusatzqualifikation die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Arbeitgeber sichern wollen. Sie findet vom 29. bis 31. August 2014 in München statt. Zu weiteren Informationen und zur Anmeldung geht’s hier: http://www.touchpoint-management.de/ausbildung-zum-collaborator-touchpoint-manager.html

Das Buch zum Thema: 

#schueller_touchpoint-unternehmen (Page 1)

Anne M. Schüller:
Das Touchpoint-Unternehmen
Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt
Gabal, März 2014, 368 S., 29,90 Euro
ISBN: 978-3-86936-550-3

Thomas Eggert

Schon seit fast 30 Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Personalarbeit, ob zuerst als Personalmanager oder später als Partner der Personalmanager. Meine Themen sind vor allem das operative Personalmanagement, das neben Themen wie Recruiting oder Personalentwicklung die Basis des Personalgeschäfts absichert. Weiterhin beschäftige ich mich mit der Effizienz in modernen Personalabteilungen. Ich bin heute Geschäftsführer bei der BEGIS GmbH und engagiere mich bei der Aktion gegen Populismus als Gesellschafter der dump beer UG.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


The reCAPTCHA verification period has expired. Please reload the page.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner