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Zukunft Personal = Zukunft der Personalarbeit?

ZP-Logo_pur_druckJetzt pilgern Sie wieder alle nach Köln. Drei Tage lang findet nun schon zum 15. Mal die Zukunft Personal statt und nach 15 Jahren ist es für mich an der Zeit, ein Resümee zu ziehen.

Ich glaube, ich war wirklich jedes Jahr auf der Messe und bin auch Jahr für Jahr im Herbst zu diesem Treffpunkt der Personalarbeit nach Köln gepilgert. In den ersten 10 Jahren noch als Aussteller, die letzten fünf Jahre hingegen konnte ich als Besucher genießen. Doch ist es wirklich ein Genuss? Hat sich in den 15 Jahren etwas verändert und erleben wir hier wirklich die „Zukunft“ Personal? Nun, verändert hat sich sicherlich einiges. Gestartet als kleine Messe, die anfangs noch an 2 Tagen stattgefunden hat, entwickelte sich daraus die größte Personalmesse in ganz Europa, die an drei Tagen die ganze Vielfalt der Personalarbeit zeigt – und dazu erst mal herzlichen Glückwunsch an die Initiatoren der Messe.

Ich habe die ersten Eindrücke auf mich wirken lassen und ich glaube, es hat sich doch mehr verändert, als man zunächst glaubt. Der Charakter der Zukunft Personal hat sich gewandelt von der reinen Ausstellung von Dienstleistern, Beratern oder Software-Herstellern hin zu einem bunten Reigen an Veranstaltungen, Show-Bühnen, Podiumsdiskussionen und Vortragsreihen – natürlich meistens von den Ausstellern belegt und mittlerweile sogar vom Land Sachsen-Anhalt als berufliche Weiterbildungsmaßnahme anerkannt (wichtig für den Bildungsurlaub). Und da kommen mir auch schon die ersten Zweifel, ob das der Personalarbeit gerecht wird. Da wird mit Speiseeis das Publikum sympathisch „verschaukelt“, da kann man in einer Band mitspielen, Simulatoren bedienen und auch auf der Personalmesse ist schon eine alte Weisheit angekommen – Sex sells. Selten so kurze (und aus meiner persönlichen Sicht geschmacklose) Röcke bei manchen Aussteller-Hostessen gesehen und bei manchen Firmen glaubt man schon, sie bestehen nur aus attraktiven jungen Frauen – aber die sollen wohl die Generation Y widerspiegeln. Aber wird das dem Image der Personalarbeit gerecht? Wobei ich damit nicht unbedingt meine, dass Personaler nur „altbacken“ sein dürfen – ganz im Gegenteil. Aber etwas Stil sollte bei dem Thema schon noch dabei sein.

Die nicht unbedingt inhaltlich aber von der Größe der Selbstdarstellung dominanten Themen spiegeln die Unmengen an Jobportalen, Employer Branding Agenturen und Stellenmärkten wider, hier spürt man die nahende Problematik aus der demografischen Entwicklung in Deutschland. Aber neben diesen futuristischen und fast schon monströsen Messeständen, die gefühlt eine halbe Messehalle einnehmen, muss man nur eine Halle weiter gehen – und man kann plötzlich Schuhe kaufen, mit Pferden flüstern, Theater spielen oder sich das nächste Seminarhotel aussuchen. Und das Ganze in vielen kleinen, oftmals wesentlich ehrlicheren Ständen als es uns die Mächtigen zeigen. Wobei ich mir bei manchen Themen nicht so sicher bin, ob die wirklich auf eine „Zukunft Personal“ gehören oder ob ich meine Schuhe vielleicht doch wo anders kaufe (und es muss immer der berühmte Online-Händler sein).

Abgeschottet in einer eigenen Halle finden sich dann die Dienstleister wider – Outsourcer (wie ich selbst einmal einer war) versuchen immer wieder aufs Neue, ihre Dienstleistung an den Mann oder die Frau zu bringen, das aber in einer wesentlich ruhigeren und längst nicht so marktschreierischen Art, wie wir es in anderen Hallen erleben. Doch auch hier muss man sich fragen, was hat sich in den 15 Jahren verändert – wo ist hier die Zukunft? Natürlich, die ein oder andere Firma gibt es nicht mehr, es sind neue Player am Markt, aber die echte Innovation in diesem Bereich findet sich nicht wirklich. Und wenn wir von Innovation reden – da glauben die Softwarehersteller, immer wieder neue Innovationen zu bringen. Da wird plötzlich die Payroll neu erfunden (geht das überhaupt), da sprechen wir über Mitarbeiterportale (das Thema kenne ich auch schon seit 15 Jahren) und bekommen das 35. Bewerbermanagementsystem präsentiert, das sich von ganz allein darum kümmert, dass sich die richtigen Menschen bewerben, die Auswahl selbstständig vornimmt, am Schluss auch noch per Video das Gespräch führt und den Mitarbeiter einstellt. Wo bleibt da der Mensch, der gesunde Menschenverstand oder das Bauchgefühl? Ich weiß, jetzt werden wieder viele Berater von wissenschaftlichen Methoden sprechen und dass der Mensch gar nicht in der Lage ist, so etwas zu beurteilen – ich glaube trotzdem, dass manchmal ein Bauchgefühl mehr wert ist als ein 5-tägiges Assessment-Center, das nach allen Regeln der Wissenschaft entwickelt wurde – und von der Bewerbern schon zig-fach durchlaufen und gelernt wurde.

Und wir dürfen nicht die ganzen Verlage vergessen – wieviel tausend Bücher, Zeitschriften etc. braucht diese Personaler-Welt? Ich glaube, auch diese Branche muss sich einem Wandel der Zukunft unterziehen. Welcher Verlag hat es denn bisher wirklich geschafft, die Verbindung zwischen althergebrachten Druck und der neuen medialen Welt zu schaffen? Natürlich gibt es nun die ersten Apps, Zeitschriften auf dem Tablet, aber ist das die Zukunft? Was ist mit den ganzen Medien wie XING, facebook und Twitter? Und was ist mit den ganzen Bloggern, die sich mit aktuellen HR-Themen beschäftigen. Die werden ja komplett ignoriert. Ich konnte mich mit einem Redakteur zu dem Thema unterhalten – er war der Meinung, dass Blogs eh keiner liest und nur die gedruckte Zeitschrift richtig ist. So kann man Zukunft auch interpretieren – denn ich bin hier der Meinung, die richtige Mischung machts.

Aber kehren wir zurück zum Einstieg in das Thema – Zukunft Personal – und das Thema vermisse ich auf der Messe. Da wird viel Althergebrachtes gezeigt, vielleicht mal ein neues Software-Release präsentiert – aber die echte Zukunft der Personalarbeit finde ich persönlich nicht wirklich. Die Diskussionen, die ich in den verschiedensten Online-Medien oder Blogs verfolge, die teilweise auch sehr progressiv davon sprechen, dass HR aufgelöst werden soll, die finden wir nur ganz selten – vielleicht mal in einer Diskussionsrunde oder einem Plenumsgespräch, aber auch hier sind wenige mutig genug, auch mal solche Themen anzusprechen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass man nicht mit dem Frosch über das Austrocknen seinen Teichs sprechen sollte – aber wenn HR sich diesen Diskussionen nicht stellt, werden es andere tun. Mein Appell an die ganze Branche ist daher – werdet mutiger, innovativer, verbannt auch mal die heiligen Kühe – Ihr fordert es ja auch immer von den anderen. Dann wird die Zukunft Personal auch zu einem Plenum für die Zukunft der Personalarbeit!

Thomas Eggert

Schon seit fast 30 Jahren beschäftige ich mich mit dem Thema Personalarbeit, ob zuerst als Personalmanager oder später als Partner der Personalmanager. Meine Themen sind vor allem das operative Personalmanagement, das neben Themen wie Recruiting oder Personalentwicklung die Basis des Personalgeschäfts absichert. Weiterhin beschäftige ich mich mit der Effizienz in modernen Personalabteilungen. Ich bin heute Geschäftsführer bei der BEGIS GmbH und engagiere mich bei der Aktion gegen Populismus als Gesellschafter der dump beer UG.

10 thoughts on “Zukunft Personal = Zukunft der Personalarbeit?

  • „Ich konnte mich mit einem Redakteur zu dem Thema unterhalten – er war der Meinung, dass Blogs eh keiner liest und nur die gedruckte Zeitschrift richtig ist. So kann man Zukunft auch interpretieren – denn ich bin hier der Meinung, die richtige Mischung machts.“

    Natürlich macht es die Richtige Mischung, denn neue Konzepte und Ideen werden vor allem von innovativen Personalern voran getrieben und welche bessere Plattform könnte für moderne Menschen bestehen als das Betreiben eines Blogs?
    Auf der anderen Seite finde ich es erschreckend, dass diese Meinung immer noch vorherrscht. Insgesamt wäre ein kontinuierliches „am Ball bleiben“ in einer so Entwicklungsträchtigen Disziplin wie dem Personalwesen wirklich essentiell wichtig.
    Wenn ich bedenke, dass ich von einem Ex-Personalleiter mal die Aussage gehört habe „Die ganzen Heftchen liest man sowieso nicht, keine Zeit dafür“ dann wundert es mich nicht, dass wir in unserem Geschäftsfeld seit Jahren auf der Stelle treten und an Bedeutung verlieren.

    Insgesamt erschreckt es mich sowieso, wie selbtzufrieden sich Personalerdeutschland im eigenen Saft suhlt. Da werden Vorträge gehalten in denen es darum geht die eigenen Erfolge möglichst massenwirksam zu verkaufen. Wo sind sie denn da, die Guerillia? Die Business Punks, die Tacheles-Reder. Wo ist Heiko Fischer, wo ist Henrik Zaborowski. Selbst ich würde mich nur zu gerne vor die Fachkollegen stellen und mal sagen „Merkt ihr es nicht?“. Klar gerade ich laufe dann Gefahr, dass man sich denkt „Was will er denn, der ist ja noch Grün hinter den Ohren!“ und ja es ist Fakt, dass ich noch viel Lernen kann. Aber auf der anderen Seite habe ich eine Vision von sinniger, guter Personalarbeit, ich habe Ambitionen in dem Feld was zu reißen und zu verändern. Und ich habe mittlerweile bemerkt, dass ich Dinge die mir jetzt z.B. durch die Candidate Experience Studie wiss. bewiesen worden sind instinktiv gemacht habe.
    MIch ärgert es zutiefst, dass ich in vielen Bereichen eine Personalarbeit erlebe die nicht mehr zeitgemäß ist. Ich kann das Geheule um den Bedeutungsverlust und den Fachkräftemangel nicht ertragen, denn es werden keine Maßnahmen ergriffen. Was muss denn noch passieren, bis wir aus dem Dornröschenschlaf erwachen. Wann ist es soweit, dass sich nicht merh über die Erbse beschwert wird, sondern mal unter die Matratze gegriffen.

    Es gibt so viele gute da draußen, die das Potential haben nachhaltig einen Change zu bewirken, aber sie müssen auch gehört werden.

    Herzliche Grüße
    Stefan Nette

    Antwort
  • Hallo Herr Eggert,

    vielen Dank für die Zusammenfassung, denen ich in vielen Aussagen zustimme. Danke auch, dass Sie auf die völlig deplatzierte Bekleidung einiger Hostessen hingewiesen haben. Für diese Gedankenlosigkeit (oder das Kalkül) der Verantwortlichen habe ich mich wirklich geschämt.

    Zu den Verlagen: auf dem richtigen Weg sehe ich Haufe mit dem personalmagazin. Der Twitter-Account wird rege genutzt und Henner Knabenreich bekommt als HR-Blogger des Jahres dort regelmäßig eine Plattform. Zudem wird das digitale Rauschen im HR-Bereich ebenfalls aktuell aufgearbeitet.

    Viele Grüße

    Dirk Steinmetz

    Antwort
    • Hallo Herr Steinmetz,

      ja, das mit den Hostessen war wirklich zum fremdschämen, aber wenn man sonst nichts Neues hat …

      Bei den Verlagen sehe ich das noch nicht ganz so – wenn man sich mal die Webseiten der Verlage anschaut (und da sind fast alle gleich), dann sieht man hier nicht viel Innovation. Da werden einige Inhalte aus den Heften geteilt und das war’s dann auch schon. Und natürlich ist es ein Anfang, einen Blogger zu unterstützen, aber die Welt besteht aus vielen mehr …

      Viele Grüße

      Thomas Eggert

      Antwort
  • Hallo Herr Eggert, hallo Herr Nette,

    DANKE für diesen realen! Beitrag und Kommentar! Dem ist nichts mehr hinzuzufügen! Gerne wiederhole ich Ihren Abschluss, Herr Nette:
    Es gibt so viele gute da draußen, die das Potential haben nachhaltig einen Change zu bewirken, aber sie müssen auch GEHÖRT werden. Ideen gibt es!

    Mit herzlichem Gruß

    Marion Berger

    Antwort
  • Hallo Frau Berger,

    vielen Dank für Ihre Rückendeckung. Ich werde Ihnen eine Xing-Kontaktanfrage zukommen lassen, denn ich freue mich immer über Meinungs-, Gedanken und Ideenaustausch.

    Herzliche Grüße
    Stefan Nette

    Antwort
  • Hallo Thomas, hallo zusammen,

    die anregende Diskussion ist für mich Anlass, das Thema auch in unserem Competence Report am Sonntag aufzugreifen! Ich glaube, zur zeit findet ein fundamentaler Wandel von Messen, Medien und Märkten/Branchen statt, den noch nicht alle wahrhaben wollen. Wir müssen uns diesem Wandel aber stellen und seine Chancen nutzen. Wer jetzt noch sein Business wie in den letzten 20 Jahren macht, wird in den nächsten 20 Jahren ein Problem haben.

    Beste Grüße

    Winfried Felser

    Antwort
  • Guten Abend Herr Eggert, prima Zusammenfassung. Ich war zum ersten Mal auf der Messe und sehr gespannt auf die angebliche Digitalisierung auf die im Vorfeld ja so hingewiesen wurde. Leider beschränkte sich diese wohl auf die App, mehr war da ja nicht. Im Juli war ich durch Zufall auf der Digital Life Messe von Burda, hier waren alle Teilnehmer durch die App miteinander vernetzt – das nur zum Thema innovativ. Ja, es gibt noch viel zu tun, packen wir’s an!

    Antwort
  • Hallo HR-Blogger, wenn ich Ihre Eintragungen so lese, so scheint es um die HR-Arbeit ja nicht so gut auszusehen. Und das in einem Moment wo mein Sohn sein Masterstudium der WiPäd erfolgreich beendet hat und sich in Richtung HR orientiert.
    Die Orientierungslosigkeit erkenne ich aber (subjektiv) an dem Desinteresse der Branche an jungen, innovativen „Personalern“. Gern mal ein Praktikum gg. geringe Bezahlung für die Bearbeitung der „ungeliebten“ Nebensächlichkeiten im Alltag. Wie soll das frische Blut, das neue Wissen im Unternehmen ankommen, wenn die „alten“ Personaler sich so schwer tun zu investieren und der Generation Y (kann ich nicht mehr hören, habe ich noch nicht kennengelernt) kaum Chancen geben. Inwieweit Apps und neue Software das Gefühl des Menschen und das Vertrauen stärken oder ersetzen können kann ich in der HR Arbeit nicht nachvollziehen.
    Ach nur so zur Info, ich bin nur ein Zahlenmensch, aber ohne den starken, innovativen Personaler mit all den menschlichen Facetten, wird mir Angst um die Arbeitswelt.
    beste Grüße, M.Kuczera

    Antwort
    • Naja, ganz so schwarz sehe ich das ganze Thema nicht. Es stimmt sicherlich, dass Innovation nicht gerade die Stärke vieler Personaler ist, aber zum einen entsteht hier gerade eine neue Generation, zum anderen wird dem Personalbereich auf Dauer gar nichts anderes übrig bleiben. Ich glaube nur, dass hier ein Umdenken stattfinden muss und sich die Personalarbeit in den nächsten Jahren noch stärker verändert, als sie es in den letzten Jahren getan hat.

      Ich bin aber zuversichtlich, dass das auch klappt – denn ich hoffe auch, dass künftig nicht nur Software oder Apps über die Personalarbeit im Unternehmen entscheiden. Das wäre sicherlich fatal!

      Antwort

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